© Robert Wimmer

INTERVIEW Wiener Zeitung, Printausgabe 13. Oktober 2018

»Ein Konzert ist mehr als die Summe von Stücken«

Christine Dobretsberger im Gespräch mit Christian und Wolfgang Muthspiel

Die Brüder und Musiker Christian und Wolfgang Muthspiel über ihre besondere Beziehung von Kindheit an.

"Wiener Zeitung": Als ich Sie gefragt habe, wen Sie sich für diese Interviewreihe als Gesprächspartner wünschen, haben Sie sofort Ihren Bruder Wolfgang genannt. Worauf baut diese besondere Beziehung zu Ihrem jüngeren Bruder auf?

Christian Muthspiel: Jede Familie ist ja ein eigener Organismus. Wir sind vier Kinder, ich bin der Drittgeborene, Wolfgang ist der Jüngste. Als unsere älteren Geschwister außer Haus waren, waren wir nur noch zu zweit - und das nächste, das unsere Beziehung sehr vertieft hat, war, dass wir gemeinsam den Jazz entdeckt haben. Dann haben wir sofort begonnen, im Duo zu musizieren.

Wolfgang Muthspiel: Bei uns zu Hause war von klein auf Musizieren Familienalltag. Wir haben alle ein Instrument gelernt, damals spielte ich noch Geige, und unser Vater suchte passend zu unseren jeweiligen Fähigkeiten Stücke aus, die wir zusammen spielen konnten. Wirklich aus Eigeninitiative Musik zu machen, hat erst begonnen, als ich auf Gitarre umgesattelt habe.

Christian: Ich habe Posaune, Klavier und Keyboard gespielt und Wolfgang E-Gitarre und akustische Gitarre. Dann sind diverse elektronische Erweiterungen dazugekommen.

Wolfgang: Das war so eine Art Komponieren in real time. Wir haben uns dabei gar nicht als Komponisten gefühlt, es war einfach spielerisch mit dem Ziel verbunden, etwas zu erschaffen, das wir am nächsten Tag wieder spielen wollen. Mit irrsinnigem Enthusiasmus und großer Obsession.

Christian: Und Probendisziplin! Es war wie ein Labor. Jeden Tag waren wir dran. Wir haben im Duo immer alles selbst kreiert, nie Fremdkompositionen gespielt. Einer von uns kam mit einer kleinen Idee und dann haben wir diese gemeinsam weiter ausgebaut. Oder ich hatte einen Baustein und war dann sehr froh, dass Wolfgang ihn ausgearbeitet hat.

Wolfgang: Gleichzeitig haben wir in diesem Prozess aber auch unsere eigenen musikalischen Identitäten entwickelt.

Wie alt waren Sie damals?

Christian: Wolfgang war ca. 15, ich 17.

Wolfgang: Sehr elementar war in dieser Zeit auch das Musikhören. Wir kommen ja aus einem sehr klassisch geprägten Elternhaus. Es war für uns eine Sensation, als wir in Graz zum ersten Mal große Jazzmusiker wie Dave Holland, Carla Bley oder Kenny Wheeler live gehört haben. Das waren für uns absolute Pflichttermine. Mit manchen dieser Musiker haben wir später dann zusammen gespielt.

War damals schon klar, dass Sie hauptberuflich Musik machen möchten?

Wolfgang: Die Frage hat sich mir eigentlich nicht wirklich gestellt. Und als es irgendwann einmal zur Frage wurde, war sie schon beantwortet.

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