Fotos: ⓒ Eva Wahl

INTERVIEW Wiener Zeitung, Printausgabe 12. April 2014

»Sprache und Geschichte sind immer eins«

Christine Dobretsberger im Gespräch mit David Schalko

Der Drehbuchautor, Regisseur und Romancier David Schalko erklärt, warum Darsteller für die Entstehung einer Filmhandlung so wichtig sind, wieso er selbst kein Schauspieler wurde - und er denkt über Gemeinsamkeiten von Drehbuch und Roman nach.

"Wiener Zeitung": Herr Schalko, Sie sind ein Mensch, der am laufenden Band Geschichten erfindet und diese entweder zu Büchern oder Filmen verarbeitet. Welcher Plot spielt momentan die Hauptrolle für Sie?
David Schalko: Zur Zeit arbeite ich an einer Serie für den ORF, in der Gert Voss die Hauptrolle spielen wird.
Wovon handelt sie?


David Schalko: Die Serie heißt "Altes Geld" und spielt in einem reichen Wiener Milieu. Mehr kann ich noch nicht verraten. Ausgestrahlt wird sie 2015.

Wie gehen Sie an ein neues Filmprojekt heran? Haben Sie einen bestimmten Schauspieler vor Augen, dem Sie ein Stück auf den Leib schreiben möchten, oder markiert die Idee zu einer Geschichte den Start für einen neuen Film?

Beides gleichzeitig. Es gibt eine Grundidee und ich suche mir dann Schauspieler, für die ich schreibe, weil dies das Arbeiten ungemein erleichtert. Oft sind die Schauspieler auch insofern in den Schreibprozess eingebunden, als sie die Bücher sehr früh bekommen und man von Anbeginn viel über die Rollen spricht. Es ist ein laufender Prozess, der sich oft über ein ganzes Jahr zieht, ehe man zum Drehen beginnt.

Mit anderen Worten: Die Hauptdarsteller Ihrer Filme haben ein Mitspracherecht?

Sie haben ein Mitspracherecht, weil ihr Input wichtig ist. Man könnte es auch als Feedbackprozess bezeichnen, als gemeinsames Wachsen am Projekt. Der wichtigste Partner beim Film ist klarerweise der Schauspieler. Das Drehbuch ist letztlich eine Gebrauchsanweisung für den Dreh - und nicht ein Stück Literatur im Sinne eines Romans, weil das Drehbuch immer seine Umsetzung benötigt. Ein Drehbuch denkt alle künstlerischen Faktoren mit, die für einen Film notwendig sind. Es ist die wichtigste Basis, sozusagen die Partitur, aber dennoch nicht der allein entscheidende Faktor.

Welche Faktoren deckt ein Drehbuch nicht ab?

Manche Passagen lesen sich oft anders, als sie dann in der gespielten Umsetzung wirken. Wenn ihnen Leben eingehaucht wird, ist das oft etwas ganz anderes als das geschriebene Wort, auch wenn das gleiche Wort
gesprochen wird.

Wie sieht es in diesem Metier mit der Eitelkeit aus? Als Drehbuchautor liefert man sozusagen die DNA eines Films und bleibt im Vergleich zu den Schauspielern sehr im Hintergrund. Stört Sie das?

Nein, ich finde, Eitelkeiten gehören woanders hin. Beim Geschichtenerzählen geht es einzig und allein um die Geschichte selbst. Und wer das nicht versteht, ist ein schlechter Geschichtenschreiber. Es ist klar, dass derjenige, der vor der Kamera steht und dem Text Leben einhaucht, derjenige ist, mit dem der Text am meisten verwechselt wird. Und das ist auch gut so, weil es letztlich auch ein Kompliment an das Werk ist, das immer ein Gesamtwerk von vielen Menschen ist. Und eitel sind sowieso alle in diesem Beruf. Aber die Eitelkeit drückt sich stets unterschiedlich aus.

Bei den meisten Ihrer Projekte zeichnen Sie sowohl für Drehbuch, Regie und Produktion verantwortlich. Sie haben offensichtlich gerne alle Fäden in der Hand?

Regie macht man zuallererst deshalb, weil man seinen Text beschützen will. Und das Produzieren hat einerseits mit Entscheidungsfreiheit zu tun, andererseits trägt man natürlich auch die finanzielle Verantwortung, aber es führt für mich zu einem vollständigeren Gefühl einer Sache gegenüber.

(Interview-Auszug)

 

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