© Eva Wahl



INTERVIEW Wiener Zeitung, Printausgabe 28. November 2014

»Machen wir uns nichts vor: Wir haben Krieg«

Christine Dobretsberger im Gespräch mit Elisabeth Orth

Schauspielerin Elisabeth Orth erzählt von den Anfängen ihrer Karriere und erklärt, warum sie die aktuelle Situation in Europa für so gefährlich hält.

"Wiener Zeitung": Frau Orth, da unser Gespräch in Ihrer Künstlergarderobe stattfindet, muss ich an Ihren Sohn Cornelius Obonya denken, der zuletzt in einem Interview gemeint hat, er kenne jeden Winkel dieses Raumes, weil er hier in seiner Kindheit viel Zeit verbracht hatte. Es klang fast danach, als wäre er im Burgtheater aufgewachsen.

Elisabeth Orth: Das kann man sagen. Er ist sehr oft vom Schottengymnasium herüber gekommen und hat hier seine Hausaufgaben gemacht während er auf mich gewartet hat. Mein Mann (Hanns Obonya, Anm.) lebte zu diesem Zeitpunkt nicht mehr und ich war alleinerziehende Mutter. Das Theater war auch der einzige Treffpunkt, um gemeinsam nach Hause zu fahren. Bei uns in der Familie gibt es den Satz: Wenn wir das Theater nicht hätten, würden wir uns überhaupt nie sehen.

Warum waren Sie anfangs strikt dagegen, dass Ihr Sohn ebenfalls den Schauspielberuf ergreifen möchte?

Cornelius äußerte diesen Wunsch noch vor Schulabschluss. Ich hatte mir fest vorgenommen, was immer kommen möge, die Schule muss fertig gemacht werden. Das hat bei ihm allerdings überhaupt nichts geholfen. Er war wie ein Panzer, ich hätte ihn gar nicht aufhalten können, er wollte zum Theater - und so war es dann auch. Ich habe durch Zufall erfahren, dass er die Prüfung wunderbar geschafft hat.

Sie wussten gar nicht, dass er sich für die Aufnahmeprüfung am Reinhardt-Seminar angemeldet hatte?

Er sprach davon, dass er es im Herbst versuchen möchte - letztlich machte er die Prüfung aber bereits im Frühjahr. Von 123 Prüflingen kamen fünf durch, drei Mädchen und zwei Burschen. Als er es geschafft hatte, kam er zu mir, aber seine Freunde wussten es viel früher als ich.

Auch die beiden Söhne Ihrer Schwestern Christiane und Maresa Hörbiger haben beruflich mit dem Theater zu tun. Diese Verbundenheit mit dem Theater könnte man in Ihrer Familie schon als schicksalshaft bezeichnen. . .

Das sieht so aus. Natürlich könnte es auch furchtbar daneben gehen. Familienzugehörigkeit alleine bringt gar nichts, man muss schon von einem gewissen Glück und Talent begünstigt sein.

War es für Sie persönlich eher Segen oder Fluch, in eine so prominente Schauspielerfamilie hinein geboren worden zu sein? Ihre Eltern Paula Wessely und Attila Hörbiger wurden von der Öffentlichkeit ja mit den abenteuerlichsten Namen bedacht. Man sprach vom "Königspaar des Burgtheaters" bis hin zu "Familie Österreich".

Ja, Wahnsinn! Da war ich immer schon dagegen. Und um ehrlich zu sein, ist das auch nicht besonders intelligent. Was heißt das, Familie Österreich? Mein Vater ist in Ungarn geboren, gut, dann wäre als Argument vielleicht die Monarchie gekommen. Tatsache ist, dass all das furchtbar belastend war und mir den Anfang vergällt hat. Ich konnte diesen Beruf nicht frei und unbelastet ergreifen. Deswegen wollte ich auch so schnell als möglich raus aus Wien. Ich habe gebetet, dass mich meine Engagements Richtung Deutschland führen. Und zu meinem Glück, muss ich sagen, hat das auch geklappt.
(Interview-Auszug)

 

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