INTERVIEW Wiener Zeitung, Printausgabe 29. August 2020

»Elefanten können unsere Sprache imitieren«

Christine Dobretsberger im Gespräch mit Angela Stöger-Horwath

Die ehemalige Synchronschwimmerin ist eine der international renommiertesten Elefanten-Forscherinnen und beschäftigt sich vor allem mit Bioakustik und Lautkommunikation.

"Wiener Zeitung": Das Wort Babyelefant war in den letzten Monaten so oft in aller Munde wie nie zuvor. Was haben Sie sich gedacht, als zum ersten Mal publik wurde, dass der Babyelefant zur Maßeinheit für die Corona-Abstandsregel wurde?

Angela Stöger-Horwath: Ich musste lachen, weil mich ein Freund darauf aufmerksam gemacht hat und fragte: Kommt diese Idee von dir?

Sie erforschen seit vielen Jahren, wie Elefanten miteinander kommunizieren. Wie viel Abstand ist Ihrer Erfahrung nach zu einem Babyelefanten ratsam?

Es kommt darauf an, in welchem Kontext man einem Elefanten begegnet. 2004 war ich im Rahmen meiner Doktorarbeit in der Elefanten-Aufzuchtstation von Daphne Sheldrick in Nairobi, Kenia. Dort kümmert man sich um verwaiste Elefantenbabys. An diese Jungtiere kann man sehr nahe herangehen, sie brauchen auch den Körperkontakt, da sie stark traumatisiert sind. Die Pfleger fungieren quasi als Mutterersatz und schlafen auch nachts bei ihnen im Stall. Wenn man hingegen in freier Wildbahn einem Babyelefanten begegnet, sollte man deutlich mehr als einen Meter Abstand halten, weil Elefantenmütter einen großen Beschützerinstinkt haben und meistens ja in der Nähe sind.

Sie waren in Ihrer Jugend Leistungssportlerin und neunfache österreichische Staatsmeisterin im Synchronschwimmen. Wie sind Sie auf die Idee gekommen, sich auf diese Randsportart zu spezialisieren?

Rückblickend betrachtet, bin ich in meinem Leben schon des Öfteren in bestimmte Bereiche "hineingestolpert". Als kleines Mädchen hatte ich mit Kunstturnen begonnen, weil meine um neun Jahre ältere Schwester, die immer mein Vorbild war, auch geturnt hatte und ich ihr nacheifern wollte. Dann bekam ich allerdings Rückenprobleme und der Arzt meinte, schwimmen wäre besser für mich als turnen. Zu dieser Zeit nahm ich zusätzlich Ballettunterricht bei Eva Worisch, die auch Nachwuchstrainerin für Synchronschwimmen war. Auf ihre Anregung hin sattelte ich auf diese Sportart um.

Ihr bestes internationales Ergebnis war ein neunter Platz bei der EM in Sevilla 1997. Wäre es ursprünglich ein Ziel von Ihnen gewesen, vom Synchronschwimmen leben zu können?

Nein, mir war schon klar, dass man sich ein anderes berufliches Standbein schaffen muss. Da ich immer schon sehr an Tieren und an der Natur interessiert war, entschied ich mich dann für ein Biologiestudium und wollte im Grunde Meeresbiologin werden.

Wie kam es zur Fokussierung auf Elefanten?

Während des Studiums spezialisierte ich mich auf Bioakustik, also auf jene Teildisziplin der Verhaltensbiologie, die sich mit der Lautkommunikation von Säugetieren befasst. Am meisten hätte mich interessiert, das Kommunikationsverhalten von Delfinen oder Walen zu erforschen. Aus pragmatischen Gründen entschied ich mich dann aber für ein Diplomarbeitsthema, das sich in Wien realisieren ließ. 2001 ist im Tiergarten Schönbrunn gerade das erste Elefantenbaby auf die Welt gekommen und da man damals noch sehr wenig über das Kommunikationsverhalten von Elefantenjungtieren wusste, wurde dieses Diplomarbeitsthema ausgeschrieben. Zunächst war ich eher ein bisschen skeptisch, aber wie das in der Wissenschaft so ist, wenn man sich in ein Thema hineinarbeitet, packt einen dann die Faszination.

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